Auch die Aufrechterhaltung (Fortführung) einer Domain, die vor Entstehung eines entgegenstehenden Namensrechts (Unternehmenskennzeichens) registriert wurde, kann eine unberechtigte Namensanmaßung darstellen (BGH, Urteil vom 06.10.2023, Az. I ZR 107/22). Der Inhaber des Unternehmenskennzeichens (Firma, Name) kann daher u.U. die Freigabe der Domain verlangen.
Nach Ansicht des BGH ist dazu eine umfassende Interessenabwägung zwischen den Interessen des Inhabers des Namensrechts und des Inhabers der Domain vorzunehmen.
Zu Gunsten des Namensträgers ist dabei zu berücksichtigen, dass seine schutzwürdigen Interessen erheblich beeinträchtigt werden, weil die mit dieser Bezeichnung gebildete Internet-Adresse nur einmal vergeben werden kann. Die den Berechtigten ausschließende Sperrwirkung setzt dabei bereits mit der Registrierung und nicht erst mit der Benutzung der Domain ein.
Demgegenüber kann der Domaininhaber nur ausnahmsweise auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Dies kann etwa gegeben sein, wenn die Registrierung des Domainnamens der Vorbereitung der Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen dient (...) oder wenn der Nichtberechtigten seinerseits ein namensrechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung der Bezeichnung hat (z.B. bei Namensgleichheit).
Diese Grundsätze gelten nach Ansicht des BGH auch im konkreten Fall, mit seiner Besonderheit, dass die Domain vor Entstehung des Kennzeichenrechts registriert und dann nur aufrechterhalten worden war.
In dieser Konstellation könne der Inhaber des Unternehmenskennzeichens zwar vor der Wahl seiner Unternehmensbezeichnung unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname bereits vergeben ist und es wird ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere Unternehmensbezeichnung oder eine andere Top-Level-Domain auszuweichen.
Dies muss er sich aber nicht entgegenhalten lassen, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen, etwa weil er den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen abkaufen zu lassen.
Dr. jur. Urs Verweyen, LL.M. (NYU) | Rechtsanwalt, Partner"Ob die Freigabe einer Domain wegen der Verletzung von Markenrechten oder Namensrechten verlangt werden kann, ist von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig. Grundsätzlich gilt bei Domajn-Registrierungen zwar das first come, first serve-Prinzip. Die kennzeichenmäßige Benutzung einer verwechslungsfähigen Domain kann aber eine Verletzung von Marken- und Namensrechte bedeuten. Unter Umstände ist hier sogar vorbeugender Rechtsschutz möglich!"